Swing avec le saveur française
Am 31.08.2024 gastierte das beliebte schwarzgewandete, weißbehemdete und mit roter Fliege gut aussehende Swing Size Orchestra im dortigen Gewölbekeller. Letztes Jahr in Rüsselsheim Königstädten bestand bereits die Gelegenheit, die kleine Bigband bei "Jazz im Inselhof" mit dem geschätzten Andreas Neubauer an den Drums zu erleben. Die Musiker beginnen jeden Gig mit der Heinz Gietz-Nummer "Musik ist Trumpf" - für diejenigen, die wie ich mit Showmastern wie Peter Frankenfeld in den 70ern und 80ern aufgewachsen sind, ein echter Flashback in die eigene Jugend fernab von Smartphone und den Verlockungen des digitalen Alltags.
Die Unterhaltungsbranche war sicherlich nie im herkömlichen Sinne unschuldig, aber die im folgenden Video zu sehende Ehrlichkeit in Vortrag, Aufbau und Kulisse gibt es heute so nicht mehr.
ja, auch damals gab es schon üble Timewaster und ich glaube, damals wurde wie heute in vielen Familien darüber gestritten, ob Fernsehverbot als sinnvolle erzieherische Maßnahme qualifiziert - oder auch nicht. Die Vergangenheit malt oft mit goldenem Pinsel, aber ich persönlich kann die Frage, ob ich mir die damaligen Zeiten zurückwünsche, mit einem zartbitteren Lächeln verneinen. Umso mehr freut es mich, wenn es mal wieder ehrliche, handgemachte Musik gibt, bei denen der authentische Wille der Musiker spürbar ist, das Publikum wirklich zu unterhalten und nicht einfach nur einen Job zu machen.
Dieses Mal konnte man niemand geringeren als den Pariser Akkordeonisten Ludovic Beier als Gastmusiker erleben, der auf seinem Knopfakkordeon so dermaßen die Finger fliegen liess, daß Sven Claussen an der Jazzgitarre unmittelbar neben ihm das bewundernde, leicht kopfschüttelnde Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekam (der Mann erinnert mich übrigens mit seiner sympathisch spitzbübischen Art und seiner runden Brille immer wieder ein wenig an Heinz Rühmann).
Ludovic Beier spielt übrigens neben Akkordeon auch Accordina - ein seltenes Instrument, welches eine Halbtastatur eines Knopfakkordeons besitzt und mangels Balg durch den menschlichen Atem Töne erzeugt (der Musikwissenschaftler würde jetzt laut "aber das ist ein Unterbrechungs-Aerophon !!! rufen ) - wie dem auch sei, seine entfernte Verwandtschaft mit der bekannten Melodica kann es nicht leugnen. . Sollte ich jemals einen Jazzer mit Melodica treffen, werde ich die beiden einander vorstellen.
Jeanine du Plessis an den Vocals ist mit ihrem Beitrag als Vollblutsängerin die Kirsche auf der eingangs benannten Torte, welche nur mit einer dezenten Dosis guten Kirschwassers so schmeckt, wie sie schmeckt - süß, schokoladig, leicht verrucht, augenzwinkernd und sympathisch. Ihr seid eine Sünde wert - Danke für den schönen Abend !